Besucher- und sonstige Rekorde
1977 hören die Filmtage erstmals nicht schon am Sonntagnachmittag auf, sondern werden bis in den Abend hinein verlängert. Damit entspricht man dem riesigen Publikumsinteresse; über einen Ansturm wie noch nie können sich die Veranstalter freuen. Selbstbewusst verkündet Badewitz, Hof habe es nun nicht mehr nötig, mit großen Namen zu renommieren:
»Wir wollen die neuen Herzogs entdecken.«
Am spannendsten ist Wolfgang Petersens Schwulenfilm DIE KONSEQUENZ, bei dessen TV-Ausstrahlung eine gute Woche später sich das Bayerische Fernsehen aus dem ARD-Programm ausklinkt. Die Filme der glanzvollen Retrospektive stammen von John Cassavetes, und Zombie-Spezialist George A. Romero sorgt mit drei blutrünstigen Spektakeln dafür, dass sich an die Filmtage nun auch aufregende Filmnächte anschließen.
1978 »platzt Hof aus allen Nähten« – so die Münchner SZ. Die Hotels am Ort sind ausgebucht, Badewitz dankt bei der Eröffnung des Festivals für »wahnsinnigen Besuch«. Doris Dörrie, seit 1975 als Gästebetreuerin, Ansagerin und Dolmetscherin für die Filmtage aktiv, ist mit DER ERSTE WALZER unter den Newcomern, die das Festival präsentiert – sieben Jahre später wird die Regisseurin mit dem Filmtage-Hit MÄNNER die deutsche Beziehungskomödie kreieren. Die Sensation aber kommt aus der Oberpfalz; dort hat Josef Rödl mit Laien aus seinem Heimatdorf die Tragödie eines Menschen inszeniert, der nicht die Möglichkeit hat, sich zu wehren: ALBERT – WARUM?. John Carpenter gibt mit DARK STAR und ASSAULT ON PRECINCT 13 seinen Einstand in Deutschland, und von David Lynch, der ihn später an Berühmtheit noch übertreffen wird, ist der experimentelle Horror-Kultfilm ERASERHEAD zu sehen.
Die Hofer Filmtage sind endgültig etabliert, »in Deutschland ganz oben«, schreibt die Zürcher Weltwoche, und sie expandieren noch einmal: Schon am Mittwochabend gehen sie ab 1979 los. Mehr Zeit für Zweitaufführungen soll es dadurch geben und zugleich mehr Platz für immer mehr Filme, deren Regisseure, Produzenten und Verleiher danach drängen, in Hof dabei zu sein.
Es scheint nichts mehr schief gehen zu können. Auch dann nicht, wenn der deutsche Film, als dessen Schaufenster sich die Filmtage verstehen, nicht allzu viel Sehenswertes zu bieten hat. Immerhin, Filme von Werner Schroeter, Rosa von Praunheim und Herbert Achternbusch regen im Jahr ’79 an und auf, die Süddeutsche freut sich über eine »riesige Wundertüte für Kinofreaks« und konstatiert, während bei den großen Festivals der Besucherstrom merklich zurückgegangen sei, habe Hof »viel zu viele Filme und viel zu viele Zuschauer«.
Über rund 100.000 Mark verfügen die Filmtage inzwischen – und bleiben freilich nach wie vor ein Low-Budget-Festival. 1981 ist der Meister des Low-Budget-Kinos, Roger Corman, mit einer neun Filme umfassenden Retrospektive zu Gast. 1982 erleben zwei Wim-Wenders-Filme (DER STAND DER DINGE und HAMMETT) ihre Deutschland-Premiere, auch Achternbusch ist mit DER DEPP und DAS GESPENST gleich doppelt vertreten, Dominik Graf debütiert mit DAS ZWEITE GESICHT, Neil Jordan kommt aus Irland, aus den USA Jim Jarmusch mit dem 30-Minuten-Film STRANGER THAN PARADISE – in Hof findet er einen Geldgeber, der ihm hilft, daraus seinen ersten langen Spielfilm zu machen. Den zeigt er zwei Jahre später, 1984, als auch Neil Jordan wiederkommt (mit THE COMPANY OF WOLVES), ebenso Wim Wenders (mit PARIS, TEXAS), und unter den jungen Deutschen unternimmt Oliver Herbrich mit WODZECK nicht zum ersten Mal den Versuch, sich als »der neue Herzog« zu profilieren.
Die eher stillen Filme dominieren, doch einen schrecklich lauten gibt es auch: A NIGHTMARE ON ELM STREET, Wes Cravens Startschuss für die Freddie-Krueger-Reihe, erlebt in Hof, tatsächlich, seine Weltpremiere. Die FAZ titelt:
»Horror in Hof.«