Ein frischer Wind
Die Nummer zwei sein und bleiben: Dass die 52. Filmtage im Oktober 2018 diesen Anspruch einlösten, wurde ihnen von vielen Gästen bestätigt. Das Festival sei toll wie immer gewesen, lautete der Tenor, und Ana Radica befand denn auch:
»Wir haben gezeigt, dass wir’s können.«
Unter den neuen deutschen Filmen, die das Bayerische Fernsehen als Glücksfall lobte, gab es überraschende Entdeckungen wie ATLAS und GOLIATH96, GLÜCK IST WAS FÜR WEICHEIER und WENN FLIEGEN TRÄUMEN. Max Gleschinski, der Regisseur des Dramas KAHLSCHLAG, freute sich über den Förderpreis Neues Kino, und den neuen Hofer Goldpreis sprach dessen Mentor Edgar Reitz der jungen Luzie Loose für SCHWIMMEN zu.
Kleiner als gewohnt war neben dem Filmtage-Katalog, der erstmals im handlicheren Buchformat vorgelegt wurde, nur das internationale Programm, in dem der britische Spielfilm über die »Frankenstein«-Autorin MARY SHELLEY und die Werkschau mit elf Arbeiten von Barbet Schroeder herausragten. Der Filmpreis der Stadt Hof ging an Alfred Holighaus, den Präsidenten der SPIO, der eng mit Heinz Badewitz befreundet war. Zu den begeisterten Festival-Besuchern zählte auch der Chef des Hauptsponsors Arte.
»Macht weiter so!«
… empfahl er den Organisatoren, und Thorsten Schaumann sagte, er habe ihn sogar tanzen gesehen.
Getreu dem Badewitz-Motto, dass die Hofer Filmtage keine Stars brauchen, sondern selbst welche machen, begann das 53. Festival mit einem Film des erst 27-jährigen Newcomers Gregory Kirchhoff. Er hieß BAUMBACHER SYNDROME und hatte in jeder Hinsicht großes Format. Tobias Moretti, dessen Sohn Lenz hier gleichzeitig sein Spielfilmdebüt feierte, spielt die Hauptrolle eines Fernsehmoderators, der eines Morgens mit der Stimme eines Monsters aufwacht.
Der junge deutsche Film beeindruckte auch mit komplexen Geschichten wie LEBENDIG von Michael Siebert (über Krebs im Endstadium) und KOPFPLATZEN von Savaş Ceviz (über einen Mann, der unter seinen pädophilen Neigungen leidet). Als originelle Besonderheiten erwiesen sich Connie Walthers testosterongeschwängerter Psychothriller DIE RÜDEN über harte Kerle und scharfe Hunde sowie Sven O. Hills Gaunerkomödie COUP, die mit dem Förderpreis deutsches Kino ausgezeichnet wurde. International sorgte unter anderem Taika Waititis Zweite-Weltkriegs-Satire JOJO RABBIT für hohe Aufmerksamkeit. Insgesamt umfasste die dritte Festival-Auflage unter Leitung von Thorsten Schaumann 50 Spielfilme.
»Unter den Dokumentarfilmen, die mit 33 Beiträgen – neun mehr als im Jahr zuvor – eine Rekordzahl erreichten, fiel internationale Frauenpower auf.«
Aus Frankreich kam das weltumspannende Projekt WOMAN, aus Australien ein Porträt der amerikanischen Pop-Rock-Pionierin SUZI Q, Deutschland erinnerte, wenn auch unter männlicher Regie, an DAS WUNDER VON TAIPEH, das einer vom DFB nicht anerkannten Elf bei der ersten Fußball-WM der Frauen im Jahr 1981 gelang. Petra Landers, eine der damaligen Weltmeisterinnen, wirkte beim traditionellen Match des FC Hofer Filmtage mit, das nach einem in letzter Minute vergebenen Elfmeter mit 3:4 verloren ging.
Die Werkschau war dem 1955 im Irak geborenen Schweizer Samir gewidmet, dessen arabischer Name »Geschichtenerzähler« bedeutet. Den Filmpreis der Stadt Hof erhielt der 35-jährige Schauspieler Max Riemelt, der sein Hof-Debüt schon 2004 als Hauptdarsteller in NAPOLA – ELITE FÜR DEN FÜHRER gegeben hat.