Man etabliert sich
Für die dritte Auflage des Festivals im Jahr 1969 sucht das inzwischen gegründete Cine-Center Hof e.V., von nun an Veranstalter der Filmtage, im Rathaus um einen Zuschuss nach. Als im Stadtrat darüber debattiert wird, ist ein unvergesslicher Satz zu hören:
»Alle diese Sachen tragen dazu bei, dass unsere Kultur absinkt, und dafür ist jede Mark zu schade.«
1000 Mark, die Hälfte der beantragten Summe, scheinen dem Gremium als Investition ins Festival dennoch nicht unangemessen. Die 3. Filmtage gehen erstmals im Central-Theater über die Bühne – wo sie auch bleiben sollen. Das Kino, Hofs größtes, ist damals ein 900-Plätze-Haus; erst 1976, rechtzeitig zur Zehn-Jahres-Feier des Festivals, wird es dreigeteilt und später, nach und nach, auf sechs Spielstätten erweitert. Bemerkenswert: Es passiert – selten zwar, aber doch –, dass das große Haus beim Festival ausverkauft ist. Fast voll besetzt ist es 1969, als Hans W. Geißendörfer, zu jener Zeit ein Unbekannter, DER FALL LENA CHRIST vorführt, einen Film über autoritäre Strukturen der Gesellschaft und ihrer Institutionen.
Allerdings kommt es auch vor, dass das Publikum im Saal »Aufhören« verlangt. Und bei diesem dritten Festival wird tatsächlich einmal aufgehört: UNTERMANN – OBERMANN heißt der Film, dessen Abbruch die Zuschauer durch Proteste erzwingen.
Im Programmheft dieses Jahres schreibt Heinz Badewitz: »Jeder kann seinen Film in Hof zeigen. Die einzige ‚Zensur’, die stattfindet, ist die Beschränkung auf fünf Vorstellungen.« Das gilt auch noch im Jahr darauf, als man unter anderem Fassbinders GÖTTER DER PEST und Herzogs AUCH ZWERGE HABEN KLEIN ANGEFANGEN sehen kann und zwei kleine Zeichentrickfilme – die Helden sind PORNO-HUGO und MICKY MAUS IN VIETNAM – Jubelstürme entfesseln. Dann aber wird ein neues Konzept für notwendig befunden. »Fünf Jahre«, sagt der Filmtage-Chef, »sind für ein Festival ein gefährliches Alter.« Um einer Krise vorzubeugen, beschließt er, die totale Offenheit seiner Filmtage zu beenden: Von nun an soll eine bewusste Vorauswahl getroffen werden.
1971 gibt es zum ersten Mal eine Uraufführung – nur fünf Jahre später laufen deutsche Filme ausschließlich als Uraufführungen. Diese erste heißt TUET ALLES IM FINSTERN, UM DEM HERRN DAS LICHT ZU ERSPAREN und ist eine morbide Collage von Daniel Schmid aus dem Fassbinder-Team; dessen Chef, leibhaftig dabei, formuliert auf Journalisten-Fragen:
»Hof bleibt doof, da helfen keine Filme.«
Nicht allzu lange danach wird Wim Wenders einen weitaus freundlicheren Slogan kreieren: Hof, sagt er, bedeute »Home of Films«. Werner Herzog, der 1971 seine FATA MORGANA vorstellt und als Torschützenkönig im Team des FC Filmtage brilliert, findet Hof damals schon prima.