Doris Dörrie

Doris Dörrie

Ich weiß gar nicht mehr, wann genau ich das erste Mal in Hof war, und wie ich Heinz kennen gelernt habe, es muss ca. 1976 gewesen sein. auf jeden Fall war ich noch an der Filmhochschule. Sehr genau erinnere ich mich, wie ich mit Heinz in seinem alten VW-Bus vollgepackt mit Filmkopien von München nach Hof gefahren bin, er nonstop redete und mir eine umfassende Inhaltsangabe aller Filme, die laufen sollten, gab. die Hofer Filmtage wurden meine wahre Filmhochschule. Jahrelang war ich zuständig für die ausländischen Gäste, betreute sie und übersetzte für sie. Zwischen kleinen und größeren deutschen Filmen liefen die Filme von Giganten wie Sam Peckinpah oder Monte Hellman oder George A. Romero, die alle kamen. Ich kann mich nicht erinnern, dass eine Regisseurin dabei gewesen wäre, was aber nicht an Heinz lag, denn er war ein erstaunlich vorurteilsfreier Mensch.

Hier wird das Kino wirklich geliebt

Die Regisseure kamen meist ziemlich verwirrt an, weil sie keine Ahnung hatten, wo HoF lag. Die Flughäfen wurden immer kleiner und kleiner, bis sie, meist im Schneesturm, in Bayreuth ausstiegen und in einen recht dunklen Ort gefahren wurden, wo jedoch das Kino leuchtete. Und wie! Und jeder begriff sofort: hier wird das Kino wirklich geliebt. bis auf den letzten Platz quetschen sich die Leute ins Kino, viele Filme habe ich nur liegend auf der kleinen Bühne direkt vor der Leinwand sehen können, z.B. ERASERHEAD und den ersten MAD MAX. Nach den Vorführungen saß man sich gegenseitig auf dem Schoß in einer vollgestopften Kneipe, der „Galerie“ und redete über Film. Nächte- und tagelang gab es nichts anderes als Film, und 90 Minuten Fußball am Samstagvormittag.

Die geballte Ladung Filmbegeisterung

Ohne diese geballte Ladung Filmbegeisterung hätte ich die Kraft des Kinos vielleicht nie bis in jede Pore begriffen. Vier Tage lang versetzte das Kino die ganze Stadt in einen Ausnahmezustand, und er wurde von allen mitgetragen, von den Hotels, die die teilweise höchst seltsamen Gäste stoisch ertrugen, den unermüdlichen Würstlverkäufern, den altgedienten Frauen an der Kasse, die amüsiert auf Menschen im Filmfieber schauten, an Rainer, den Manager, den nichts aus der Ruhe brachte, und der das schönste fränkisch von allen sprach.

Alles war mehr oder weniger improvisiert, aber Heinz behielt alles im Blick und fürchtete das Chaos nicht. Er verwandelte sich jeder Situation an – und manchmal blieb er unverhofft stur. Seine Ankündigungsreden waren legendär. seine Begeisterung unerreicht und unübertroffen. Ich habe so viel von ihm gelernt, von den Filmen, die er ausgesucht hatte, von den Regisseur*innen und über das Publikum.

Ein Nest mit hingebungsvoller Brutpflege

Jeder meiner ersten Filme lief in HoF. Staunend erlebte ich, wie sich ein großer Kinosaal ausschüttete vor Lachen über MÄNNER. Das hatte niemand erwartet, am allerwenigstens ich. In HoF wurde ich wirklich zur Filmemacherin. Ich wünsche allen, die Filme machen, so sehr, dass sie ein ähnliches Nest und so hingebungsvolle Brutpflege finden wie ich durch Heinz und die Hofer Filmtage.

Doris Dörrie
Regisseurin, Drehbuchautorin und Schriftstellerin

Filme in HoF:
DER ERSTE WALZER 1978
MITTEN INS HERZ 1983
MÄNNER 1985
PARADIES 1986
HAPPY BIRTHDAY, TÜRKE! 1991
ERLEUCHTUNG GARANTIERT 1999
MITTEN INS HERZ (Retro) 2006
MÄNNER (Retro) 2016

Preise:
Erster Filmpreis der Stadt Hof 1986
Hans-Vogt-Filmpreis der Stadt Rehau 2016